Photo: President of Russia, CC-BY 4.0
›Der Holocaust hat als Endlösung versagt‹
Der malaysische Ministerpräsident Mahathir Mohamad ist ein schäbiger Antisemit. Nicht, dass es auch Antisemiten gäbe, die nicht schäbig wären, aber wenn man sich ärgert, darf man auch einmal ein überflüssiges Adjektiv verwenden.
Dr. M, wie er zuhause genannt wird, gibt den Juden die Schuld für alle Probleme im Nahen Osten. 1994 verbot seine Regierung Spielbergs »Schindlers Liste« als »zu pro-jüdisch«. Am 16. Oktober 2003 hielt er im Rahmen der Organisation der Islamischen Konferenz vor 57 muslimischen Nationen eine Rede über die Juden, die vor antisemitischen Verschwörungstheorien nur so strotzte:
Die Europäer töteten 6 Millionen von 12 Millionen Juden, aber heute regieren die Juden durch Stellvertreter die Welt. Sie bringen andere dazu, für sie zu kämpfen und zu sterben. Sie überlebten 2000 Jahre Pogrome nicht durch Zurückschlagen, sondern durch Denken. Sie erfanden … Sozialismus, Kommunismus, Menschenrechte und Demokratie, so dass ihre Verfolgung falsch zu sein schien – damit sie die gleichen Rechte wie andere genießen dürfen. So haben sie nun die Kontrolle über die mächtigsten Länder erlangt.
Mahathir Mohamad, 2003
Mahathir forderte die Muslime der Welt auf, sich ein Beispiel an Mohammed zu nehmen, berichtete der Boston Globe. Sie sollten durch strategische Rückzüge Zeit gewinnen und Friedensabkommen schließen, um dann ihre Kräfte zu sammeln, bis sie bereit wären, einen »Gegenangriff« zu starten, der zum »endgültigen Sieg« führt. Das Auditorium sei begeistert gewesen.
»Das Publikum, zu dem Mahathir sprach, die Präsidenten, Könige und Emire der Nationen, aus denen sich die Organisation der Islamischen Konferenz zusammensetzt, belohnte ihn mit Standing Ovations. Zu den Applaudierern zählten nicht nur die fanatischen Diktatoren der muslimischen Welt, sondern auch deren angebliche Moderaten, darunter der indonesische Präsident Megawati Sukarnoputri, der pakistanische General Pervez Musharraf und der König Abdullah von Jordanien. Sogar Amerikas muslimische Verbündete bewunderten Mahathirs Ansichten. Der ägyptische Außenminister – ein Land, das jährlich zwei Milliarden Dollar an US-Hilfe erhält – erklärte die Rede als ›sehr, sehr weise Beurteilung‹. Hamid Karzai, der von den USA eingesetzte Präsident Afghanistans, lobte sie als ›Augenöffner für viele von uns und … das, was die islamische Welt tun soll.‹«
Im Jänner 2010 legte Mahathir Mohamad bei der General Conference For The Support of Al Quds nach:
Die Juden waren in europäischen Ländern schon immer ein Problem. Man musste sie in Ghettos einsperren und regelmäßig massakrieren. Aber dennoch überlebten sie, blühten auf und erpressten ganze Regierungen. Selbst nach dem Massaker der Nationalsozialisten in Deutschland haben sie überlebt, um eine Quelle noch größerer Probleme für die Welt zu bleiben. Der Holocaust hat als Endlösung versagt.
Mahathir Mohamad, 2010
Boykott israelischer Sportler
Es kann also kaum verwundern, dass Malaysia unter diesem Ministerpräsidenten das israelische Paralympics-Schwimmteam nicht einreisen lässt und dessen Teilnahme an den Paralympischen Schwimm-Weltmeisterschaften im Juli in Kuching verhindert. Geht es nach Mahathir Mohamad, gibt es »keinen Platz für israelische Sportler in Malaysia«.
Warum Mahathir das macht? Weil er’s kann. Weil wir es ihm durchgehen lassen. Weil wir den islamischen Ländern fast immer alles durchgehen lassen.
- »Bei den Schwimm-Weltcups in Katar und in den Vereinigten Arabischen Emiraten 2013 wurden Ergebnisse von israelischen Schwimmern nicht auf der Anzeigetafel veröffentlicht, um die Flagge Israels nicht zeigen zu müssen. Eine Siegerehrung, auf der auch ein israelischer Athlet hätte geehrt werden müssen, wurde kurzerhand abgesagt«, berichtete die WELT.
- Bei den Asiatischen Meisterschaften der Sportschützen in Kuwait wurde 2015 einem israelischen Funktionär die Einreise verweigert.
- Im Oktober 2016 erklärte der niederländische Fußballklub AZ Alkmaar, dass sein iranischer Stürmer Alireza Jahanbakhsh nicht gegen Maccabi Tel Aviv antreten muss, weil ihm sonst der Ausschluss aus der Nationalmannschaft des Iran drohe.
- Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 wollten Teilnehmer aus dem Libanon nicht mit Israelis in einem Bus fahren. Der libanesische Delegationsleiter hinderte die Israelis mit Gewalt daran, den Bus zu besteigen.
- Die saudische Judoka Joud Fahmy täuschte bei diesen Spielen Verletzungen vor, um in der nächsten Runde nicht gegen die Israelin Gili Cohen antreten zu müssen.
- An der Schach-WM 2017 in Riad konnten die israelischen Schachspieler nicht teilnehmen, weil ihnen Saudi-Arabien die Einreise verweigerte.
- Im Februar 2018 ging der südafrikanische Sportminister Thulas Nxesi vor der BDS-Bewegung in die Knie und boykottierte das Davis-Cup Match zwischen Südafrika und Israel.
Es ist grotesk. Während wir »Palästina« behandeln als wäre es ein Staat, lassen wir zu, dass islamische Regime die Bürger der einzigen Demokratie im Nahen Osten von Sportveranstaltungen ausschließen und ihren Bürgern verbieten, an Wettbewerben mit Israelis teilzunehmen oder gegen israelische Sportler anzutreten. Konsequenzen hat das so gut wie nie.
Dabei zeigt ein Beispiel aus dem Jahr 2017, dass Widerstand wirkt. Seit Ajatollah Chomeini 1979 die Macht ergriff, erkennt Iran den Staat Israel nicht mehr an und untersagt den eigenen Sportlern, gegen Israelis anzutreten. Nachdem die iranischen Teamspieler Ehsan Hajsafi und Masoud Shojaei für ihren Verein Panionios Athen ein einem Heimspiel der Europa League gegen Maccabi Tel Aviv aufs Feld gelaufen waren, wurden sie vom Iran lebenslang für das Nationalteam gesperrt. Damit drohte Iran aufgrund einschlägiger FIFA-Statuten eine Sperre für die Teilnahme an der Fußball-WM 2018. In den sozialen Netzwerken protestierten hunderttausende gegen die Entscheidung des iranischen Sportministeriums, das die Sperre daraufhin aufhob.
Sport als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln
Sportliche Erfolge bei internationalen Veranstaltungen und die Ausrichtung von Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen dienten schon immer der politischen Propaganda. Die Nationalsozialisten nutzten die Olympischen Spiele in Berlin 1936, dem Jahr nach der Verabschiedung der »Nürnberger Rassegesetze«, zur positiven Selbstdarstellung im Ausland. Die Boykottaufrufe – vor allem von deutschen Emigranten in Frankreich und aus den USA – waren vergeblich geblieben.
Avery Brundage, damals Präsident des amerikanischen Olympischen Komitees, galt als Bewunderer des Deutschen Reichs und setzte die Teilnahme der US-Athleten gegen alle Widerstände durch. 1972 rief er nach dem Anschlag palästinensischer Terroristen auf die israelische Olympiamannschaft, bei dem alle elf israelischen Geiseln ermordet wurden, unter dem Applaus von 80.000 Zuschauern: »The games must go on!« Die Spiele in München waren als »heitere Spiele« konzipiert, von ein paar toten Juden wollte man sich die Heiterkeit nicht nehmen lassen. Der Satz dient bis heute als Blaupause für die Parolen, mit denen man nach jedem islamistischen Anschlag die Bevölkerung aufruft, ihren alltäglichen Vergnügungen ungerührt weiter nachzugehen.
Doch Durchhalteparolen ersetzen keine Strategie. Warum darf Iran überhaupt an einer Fußball-WM teilnehmen, solange iranischen Spielern der Ausschluss aus der Nationalmannschaft droht, wenn sie mit ihren Clubs gegen Israelis antreten oder mit Israelis in derselben Mannschaft spielen? Warum dürfen Katar und Saudi-Arabien an irgendwelchen Weltmeisterschaften teilnehmen, wenn sie als Veranstalter die Israelis aus den Siegerlisten tilgen oder sie gar nicht erst zu Meisterschaften in ihre Länder lassen? Wie um aller Welt kann man ausgerechnet in einem Land, das wie kaum ein anderes den internationalen Terrorismus finanziert, eine Fußball-WM austragen? Warum sperrt man Länder wie Malaysia nach solchen Vorfällen nicht für Jahre für alle internationalen Veranstaltungen? Und vor allem, wie glaubwürdig ist der angebliche Kampf gegen den Antisemitismus im Inland, wenn verbale antisemitische Exzesse ausländischer Regierungschefs völlig ohne Konsequenzen bleiben?
Rhetorische Fragen, denn die Antwort liegt auf der Hand. »Wer das Öl hat, macht die Regeln«, um es mit Frank Stronach zu sagen. Viele arabische Länder schwimmen in Petrodollars, sie sind mit hunderten Milliarden in westlichen Unternehmen investiert. Auch die Aussperrung des israelischen Paralympics-Schwimmteams wird voraussichtlich ohne Folgen bleiben.
Die amerikanische Originalfassung der Serie »Holocaust«, die dieser Tage von den Dritten Programmen des Deutschen Fernsehens erneut ausgestrahlt wurde, endet mit einer Fußballszene: Nach der Befreiung von Auschwitz trifft Rudi Weiss, dessen Eltern und Geschwister von den Nazis ermordet worden sind, auf einen Vertreter der Jewish Agency for Palestine. Der bittet Weiss, vierzig jüdische Buben aus Thessaloniki, die dem Holocaust entkommen sind, nach Palästina zu schmuggeln. Weiss, der früher selbst ein begeisterter Kicker war, beobachtet die Kinder beim Fußballspielen auf einem improvisierten Bolzplatz. Nach anfänglichem Zögern fasst sich Rudi Weiss ein Herz, läuft zu den Kindern und spielt mit ihnen Fußball. Mit dem ersten Ausschuss scheint der ganze Schrecken der vergangenen Jahre von ihm abzufallen.
Mehr als siebzig Jahre danach dürften die Enkel dieser Kinder noch nicht einmal mit anderen Sportlern im selben Bus sitzen.
Zuerst erschienen auf mena-watch
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