FRIEDENSHINDERNIS UNO

F

Photo: UN Geneva, CC BY-NC-ND 2.0

UNRWA: Friedenshindernis im Nahen Osten

Die ungefähr 5 Millionen „palästinensischen Flüchtlinge“ gibt es aus einem einzigen Grund: weil eine eigene UNO-Behörde sie anders definiert als alle anderen Flüchtlinge auf der Welt.

Über 60 Millionen Menschen sind heute auf der Flucht. Um mehr als 17 Millionen von ihnen kümmert sich der UNHCR (United Nations High Commissioner for Refugees), dem das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, The UN Refugee Agency, untersteht. Für den Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge gilt als Flüchtling, wer auf der Flucht vor Krieg, Verfolgung oder Menschenrechtsverletzungen ist. Wer aus Kuba nach Amerika flieht, gilt als Flüchtling, wird dessen Sohn in den USA geboren, ist er kein Flüchtling sondern Amerikaner.

Für die so genannten „palästinensischen Flüchtlinge“ gibt es seit 1950 eine eigene Behörde, die UNRWA (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East). Diese Behörde definiert Flüchtlinge als Personen, deren Hauptwohnsitz zwischen 1. Juni 1946 und 15. Mai 1948 in Palästina war, und die ihre Heime und ihren Lebensunterhalt infolge des Konflikts von 1948 verloren haben“, sowie alle Nachkommen eines Elternteils samt deren adoptierte Kinder.

Hochadel der Refugees

„Palästinensische Flüchtlinge“ sind der Hochadel aller Refugees. Als einzige können sie ihren Flüchtlingsstatus vererben und sogar durch Adoption weitergeben. Nur aufgrund dieser weltweit einmaligen Zählweise schwoll ihre Zahl seit 1948 auf über 5 Millionen an. Heute betreut die UNRWA „Flüchtlinge“ in 4. Generation. Würden „palästinensische Flüchtlinge“ gezählt wie alle anderen Flüchtlinge auf der Welt, gäbe es davon nur mehr ein paar tausend. Denn während die Definition des UNHCR dafür sorgt, dass die Flüchtlingsbevölkerung im Laufe der Zeit verschwindet, sorgt jene der UNRWA dafür, dass sie ständig wächst.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden 12 Millionen Deutsche aus Polen und der Tschechoslowakei vertrieben. Finnland verlor ein Achtel seiner Fläche an die Sowjetunion und musste 400.000 Flüchtlinge integrieren, was damals 11% der Bevölkerung entsprach. 1950 nahm die Türkei 150.000 türkische Flüchtlinge aus Bulgarien auf. Niemand davon lebt in Lagern, niemand fordert für deren Nachkommen das „Rückkehrecht“ in ein Land, das der Urgroßvater verlassen hat.

Dabei ist schon die kolportierte Zahl von 750.000 Arabern, die 1946-48 das Land verlassen haben, stark übertrieben. Nach der Verabschiedung des UN-Teilungsplans von 1947 verließen als erste etwa 3000 Wohlhabende in Erwartung des kommenden Krieges das Land. Nachdem Ägypten, Saudi-Arabien, Jordanien, Libanon, Irak und Syrien über den neuen Staat herfielen, folgten ihnen Zehntausende, aufgehetzt von den arabischen Führern, überzeugt, sie würden bald triumphierend zurückkehren, gleich nach der Vernichtung des jüdischen Staates. Die allermeisten Araber sind geflohen, um Platz für die heranrückenden Armeen zu schaffen und nicht zwischen die Fronten zu geraten. Insgesamt verließen höchstens 650.000 Araber das Land:

Eine von der israelischen Regierung im Jahr 1949 angeordnete Volkszählung ergab eine Zahl von 160.000 Arabern, die nach dem Krieg noch im Land lebten. Das bedeutet, dass nicht mehr als 650.0000 palästinensische Araber geflüchtet sein konnten. Ein Bericht des UN-Vermittlers für Palästina geht sogar von einer noch niedrigeren Zahl aus, nämlich von 472.000.

Wie viele es letztlich auch gewesen sein mögen, nur eine verschwindende Minderheit davon wurde von den Israelis gezwungen, das Land zu verlassen.

Die andere Nakba

Dem steht knapp eine Million Juden gegenüber, die seit der Gründung Israels tatsächlich aus arabischen Ländern vertrieben worden sind. Für sie ist weder von einem Rückkehrrecht die Rede noch von einer Entschädigung für ihre zurückgelassenen Besitztümer. Sie sind in Israel ebenso integriert wie jene Araber, die geblieben waren. Diese palästinensischen Araber und deren Nachkommen haben heute in Israel mehr demokratische Bürger- und persönliche Freiheitsrechte als Araber in irgendeinem arabischen Land.

Hingegen wurden die vertriebenen und mehr oder weniger freiwillig geflohenen Araber nie in die arabischen Aufnahmeländer integriert. Bis zum heutigen Tag sind Palästinenser, die in den Flüchtlingslagern der arabischen Weltleben, ethnischen Säuberungen, Vertreibung und Tod ausgesetzt. „Die Palästinenser sind ein erfolgloses Volk, das zerrissen ist und von den arabischen Bruderstaaten nur als Spielball eigener Interessen angesehen wird. Die Erklärung für das eigene Schicksal liefern die klugen Köpfe des Volkes: Die Araber lieben Palästina, aber nicht die Palästinenser“, schrieb dazu die WELT.

Die ‚Nakba‘ ist ein Mythos der arabischen Führer. Der aus dem Irak stammende Autor Najem Wali antwortete 2009 auf die Frage, welche Auswirkungen es haben würde, wenn sich der Palästinenserkonflikt in Wohlgefallen auflöste:

Dann würden die Potentaten sofort von der Macht verschwinden, weil sie keinen Mythos mehr zu verkaufen hätten. Alles geschieht im Namen von Palästina. Bis jetzt wird ja von den Herrschenden immer gesagt, man bräuchte keine Demokratie, weil der Feind das ausnützen würde. Und die Armut wird gerechtfertigt, indem man sagt, man müsse aufrüsten, um Palästina zu befreien. Bis heute leben viele Flüchtlinge aus Palästina in den Nachbarstaaten, die nicht eingebürgert werden, damit sie nicht ihre Identität verlieren. So wollen die Regierungen diesen Mythos am Leben erhalten.

Den Sonderstatus beenden

Der Arabische Frühling hat seither einige Potentaten aus dem Amt gefegt. Der Mythos jedoch ist nicht zuletzt Dank der UNRWA ungebrochen. Unabhängig von den immer wiederkehrenden Vorwürfen, dass die Lager der UNRWA Terroristen als Zufluchtsorte dienten, dass ihre intransparente Bürokratie von Korruption und Ineffizienz geprägt sei, und dass in ihren Schulen gegen Juden gehetzt und Waffen versteckt würden, perpetuiert die UNRWA das Flüchtlingsproblem anstatt zu seiner Lösung beizutragen. Ihr politischer Auftrag sorgt dafür, dass die Zahl der angeblichen Flüchtlinge von Jahr zu Jahr steigt und steht damit einer friedlichen Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts entgegen.

Das jeweils dreijährige Mandat der UNRWA sollte nicht mehr verlängert, die humanitären Aufgaben der UNRWA sollten in die Hände der UNHCR gelegt werden. Es ist höchste Zeit, den durch nichts gerechtfertigten Sonderstatus der Palästinenser zu beenden und die arabischen Länder in die Verantwortung zu nehmen. Was auch der frühere ägyptische Präsident Hosni Mubarak erkannt hatte:

Die palästinensische Forderung des ‚Rechts auf Rückkehr‘ ist in höchstem Maße unrealistisch. Das Flüchtlingsproblem hätte mittels finanziellen Ausgleichs und der Umsiedelung der Flüchtlinge in arabische Länder gelöst werden müssen.

Zuerst erschienen auf mena-watch

Über den Autor / die Autorin

Thomas M. Eppinger

Thomas Eppinger ist davon überzeugt, dass alle Menschen mit unveräußerlichen Rechten geboren sind, zu denen das Recht auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören. Daraus ergab sich alles andere, auch diese Website.
Der Publizist ist 1961 in Vöcklabruck geboren, lebt heute in Graz und arbeitet in Wien als Lead Editor bei »Der Pragmaticus«. Davor leitete er den unabhängigen Nahost-Thinktank Mena-Watch.

1 comment

  • In unserem Dorf habe ich ein Ehepaar aus Daraa, südlich von Damaskus, kennengelernt. Beide 62, staatenlos, geboren in Syrien. 6 Kinder, 2 Töchter geschleppt nach Schweden, eine verheiratet in Jordanien, ein Sohn, Lehrer, arbeitet als Friseur in Schweden. Guter Mittelstand, weil 10 Jahre in Abu Dhabi verdiente Geld, in Syrien investiert. Inzwischen kenn ich 10 Familien von dort. Wollten von Assad Demokratie und Staatsbürgerschaft. Nicht ewig mit Korruption bei Ämter und Polizei arrangieren. Von dort sind zwei Drittel entgültig weg. Alles verloren.