Photo (Symbolbild): philippe leroyer, CC BY-NC-ND 2.0
Über Neonazis, Islamisten und links-bürgerliche Israelfeinde
Medial beinahe unbemerkt, sozusagen im publizistischen Windschatten der Maaßen-Affäre, zogen am vergangenen Wochenende etliche Neonazis durch Dortmund und skandierten Parolen wie »Wer Deutschland liebt, ist Antisemit«. Die Polizei schien von den Ereignissen überrascht – und griff nicht ein. Dabei hatten die Ordnungshüter selbst noch davor gewarnt, den Neonazis die Straße nach freier Routenwahl zu überlassen. Die Gerichte, so Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU), hätten gegen die Bedenken der Polizei verfügt, dass die Neonazis sich ihren Weg frei aussuchen dürften. »Selbst die widerwärtigen antisemitischen Parolen dieser rechtsradikalen Hetzer sind möglicherweise durch die Meinungsfreiheit gedeckt«, sagte Reul. Das könne er zwar nicht verstehen, »aber man muss es dann in einem Rechtsstaat akzeptieren«.
Jetzt wäre es natürlich einfach, sich zurückzulehnen und sich damit zu beruhigen, dass der gefährlichste und virulenteste Antisemitismus immer noch der (neo)nazistische sei. Zwar haben wohl noch nie in der jüngeren Vergangenheit der Bundesrepublik derart Widerliches lautstark zu Gehör gebracht, doch die Tabubrüche, so etwas – warum auch immer – ungeahndet brüllen zu können, der stammt aus dem Palästinensisch-Islamistischen Milieu. »Hamas, Hamas, Juden ins Gas« hallte es 2014 durch Berlins Straßen, während Israel sich wieder einmal gegen Raketenregen aus Gaza zur Wehr zu setzen hatte.
Deutschlands Juden sind seit Jahren einem antisemitischen Dreiklang ausgesetzt
Neonazis, muslimische Migranten beziehungsweise hausgemachte Islamisten sorgen dabei für die schrilleren Töne, geben sozusagen den Klang der Straße wieder. Doch eine nicht minder gefährliche Variante des Antisemitismus ist der (links)bürgerliche, der im Windschatten der brüllenden Horden unter Hakenkreuz und Halbmond in der Mitte der Gesellschaft erblüht.
Da macht die Chefin der renommierten Ruhrtriennale, Stefanie Carp, Werbung für die BDS-Musikanten der »Young Fathers«, lädt nach Protesten die Band wieder aus – und dann wieder ein- und nochmals von Herzen eingeladen, mit der Begründung, sie habe ja »die Young Fathers eingeladen und nicht den BDS«. Die schottische Hip-Hop-Band erschien schließlich nicht, wahrscheinlich war ihr schon die Debatte zu viel. In Berlin hatten die Israel-Hasser kürzlich den Auftritt bei einem Festival abgesagt, weil dort eine Künstlerin von der israelischen Botschaft 500 Euro Reisekostenzuschuss erhalten habe. Statt derlei Gesinnungstätern mit klaren Worten die Tür zu weisen, wand sich Carp wie ein Aal, was wohl demnächst zu ihrer Demission führen dürfte, immerhin. Ebenso begrüßenswert ist es, dass der nordrhein-westfälische Landtag unter dem Eindruck der Carp-Posse und durch Bürgerproteste ermutigt, die BDS-Bewegung klar verurteilt und ihr jedwede staatliche Legitimation entzogen hat.
Am vergangenen Wochenende wiederum veranstaltete die Evangelische Akademie in Boll (Baden-Württemberg) eine sogenannte Nahost-Tagung, die durchgängig mit BDS-Adepten besetzt war. Weder die Proteste des Antisemitsmus-Beauftragten der Bundesregierung noch andere Appelle halfen. Der absurde Hexensabbat in Bad Boll konnte steigen, gestützt von israelfeindlichen Organisationen wie »Pax Christi«. Gemeinsam delektierte man sich an der Propaganda-Ausstellung »Naqba«, die seit Jahren als antisemitischer Wanderzirkus durch Deutschland zieht.
Dass immer wieder die selben Leute gegen diesen als »Anti-Zionismus« oder »Israel-Kritik« verkleideten Antisemitismus von links zu Felde ziehen und es dabei sehr schwer haben, das Narrativ von der legitimen Kritik an israelischer Politik ad absurdum zu führen, zeigt, dass dieser linke Antisemitismus der wohl meistverbreitete im biodeutschen Milieu ist. Zusätzlich gespeist wird er natürlich seit RAF-Zeiten durch eine antiimperialistische Attitüde, die sich mit praktisch jedem Bombenleger in Nahost gemein macht, Hauptsache es geht gegen Israel. Hier berühren sich im Übrigen seit langem schon die Ränder, pflegt doch auch die deutsche Neonazi-Szene beste Kontakte zum »palästinensischen Widerstand«.
Ein besonders absurder Ableger der links-bürgerlichen Israelfeinde sind übrigens die Stolperstein- und Mahnmal-Fetischisten wie etwa Gunter Demnig, Lea Rosh oder Professor Wolfgang Benz. Letzterer brachte es sogar fertig, die Deutungshoheit über Antisemitismus zu erlangen – in einem gänzlich judenreinen Umfeld. Frei nach dem alten Wildwest-Motto gilt hier: Nur ein toter Jude ist ein guter Jude. Mit den Lebenden, zumindest denen, die sich solidarisch Israel gegenüber verhalten, hat man es hingegen nicht so.
Für Deutschlands Juden jedenfalls wird es angesichts dieser Querfront der unterschiedlichsten Antisemiten immer unbehaglicher. Einige Juden sind jetzt dem Lockruf falscher Freunde erlegen und haben jüngst die Gründung einer Gruppe »Juden in der AfD« (JAfD) für den 7. Oktober angekündigt. Ein Ausweg ist das gewiss nicht …
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