SPÖ-Chef Andreas Babler nennt Alexandria Ocasio-Cortez
sein politisches Vorbild (© Imago Images SEPA.media)
Wird Andreas Babler den Jeremy Corbyn der österreichischen Politik geben? Es gibt Grund genug, ihn nach seinem Verhältnis zu Israel zu fragen.
Kurz nachdem die Posse um die Wahl zum neuen SPÖ-Chef endgültig entschieden war, antwortete der frischgebackene Vorsitzende auf die Frage nach seinem politischen Vorbild: »Alexandria Ocasio-Cortez.« Ocasio-Cortez also, ihr Kürzel AOC ist zur internationalen Trademark geworden – das hat mich überrascht. Warum nimmt sich Andreas Babler ausgerechnet eine amerikanische Abgeordnete vom linken Rand der Demokratischen Partei zum Vorbild?
Wäre Babler auf der Suche nach internationalen Idolen gewesen, fänden sich in der europäischen Sozialdemokratie dutzende prominente Staatsmänner von Willy Brandt und Olof Palme bis Felipe González und François Mitterrand, um nur ein paar zu nennen. Und sollte es ein zeitgenössischer Vertreter der extremen Linken aus Übersee sein, käme einem wohl als erster Bernie Sanders in den Sinn.
Worin ist Alexandria Ocasio-Cortez vorbildlich?
Warum also AOC? Gut, sie ist eine Frau und man mag das als Signal an die weibliche Wählerschaft werten. Aber eine Frau ist Bablers finnische Amtskollegin Sanna Marin auch, und die war immerhin Ministerpräsidentin – ein Amt, von dem der Bürgermeister von Traiskirchen noch mindestens eine Wahl entfernt ist. Marin hat ihr Land angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine in die NATO geführt. Demgegenüber fiel AOC vor allem durch eines auf: ihren Hass auf Israel. Mena-Watch berichtet seit Jahren über sie.
Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Ilhan Omar, Ayanna Pressley, Rashida Tlaib, Jamaal Bowman und Cori Bush bildet AOC eine informelle Gruppe aus Mitgliedern des Repräsentantenhauses der Demokratischen Partei, allgemein als Squad (»Truppe«) bekannt. Sie gehören zum linken Flügel der Partei und sind in den sozialen Medien besonders aktiv. Ein Kernpunkt ihrer Agenda ist der Stopp der militärischen und finanziellen Unterstützung Israels durch die USA.
Stefan Frank hat im September 2021 dokumentiert, wie neun demokratische Abgeordnete rund um das Squad einen Haushaltsentwurf der Regierung verhinderten, der eine Milliarde US-Dollar für das israelische Raketenabwehrsystem Iron Dome beinhaltete. Die Gelder für Iron Dome konnten nur bewilligt werden, indem der demokratische Mehrheitsführer Steny Hoyer »den Posten entfernte und getrennt darüber abstimmen ließ«.
So habe die Finanzierung von Iron Dome schließlich mit den Stimmen der Republikaner gesichert werden können, schreibt Frank weiter, der seinen Bericht mit einem Statement von Rabbi Yaakov Menken von der Coalition for Jewish Values beschließt: »Iron Dome ist zu hundert Prozent defensiv, und die einzigen Leute, die dagegen sind, es zu finanzieren, sind die, die wollen, dass mehr Juden sterben. Vor weniger als einem Jahrhundert nannten diese Leute sich Nazis, heute nennt man sie ›das Squad‹.«
Die SPÖ, Israel und die Juden
Leider steht die Nahost-Politik von Bablers Vorbild durchaus in der Tradition der SPÖ. Auf der einen Seite waren viele prägende Persönlichkeiten der Partei Juden, von ihrem Gründer Victor Adler bis zur Heiligen Madonna der österreichischen Sozialdemokratie, Bruno Kreisky. Auf der anderen Seite war es gerade Bruno Kreisky, der für Israel nichts und für die Juden nur wenig übrighatte. »Wenn die Juden ein Volk sind, so ist es ein mieses Volk«, schloss er – »witzig sein wollend«, wie der Autor schrieb – am 17. November 1975 ein Interview mit dem SPIEGEL. Sein Parteifreund und damaliger Vorsitzender der Sozialistischen Internationale, Simon Peres, sagte über ihn 1985 öffentlich: »Kreisky ist ein antisemitischer Jude, der abstoßendste Ausdruck dieser Erscheinung.« Die Arbeiterzeitung berichtete.
Auch wenn das alles nicht der unmittelbare Anlass für Peres‘ Urteil war: Zu diesem Zeitpunkt hatte Kreisky sechs Nationalsozialisten – das »ehemalige« erspare ich mir an dieser Stelle, in den 1970er Jahren waren alle Nazis »ehemalige« – mit Ministerposten bedacht, den Terroristen und Judenmörder Jassir Arafat international salonfähig gemacht, der israelischen Ministerpräsidentin Golda Meir bei ihrem Besuch »nicht einmal ein Glas Wasser gereicht« und Simon Wiesenthal in einer beispiellosen Rufmordkampagne unterstellt, ein Nazi-Kollaborateur und Gestapo-Informant gewesen zu sein.
Kreiskys Weggefährten ließen auch Jahre später kaum eine Gelegenheit aus, den jüdischen Staat zu delegitmieren und den palästinensischen Terror entweder zu verharmlosen oder zu rechtfertigen. Ob der Generalsekretär der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen, Fritz Edlinger, (mehr dazu unter anderem hier und hier) oder Kreiskys Handlanger in der Wiesenthal-Affäre, der spätere Bundespräsident Heinz »Bussibär« Fischer (Mehr dazu unter anderem hier und hier).
Die Corbynisierung der SPÖ
Der Parteivorsitzende der SPÖ kürt 2023 eine der antisemitischsten Figuren der zeitgenössischen internationalen Linken zum Vorbild, seine Vertraute Julia Herr 2014 das Venezuela des sozialistischen Antisemiten Hugo Chávez. Ich finde das beunruhigend. Zumal es bisher noch niemand der Mühe wert gefunden hat, Babler danach zu fragen, was er an AOC so vorbildlich findet.
Ich will dem neuen Vorsitzenden nichts unterstellen. Immerhin hat er in der ORF-Pressestunde am 18. Juli die Abwesenheit der Hälfte der SPÖ-Abgeordneten während Selenskyjs Rede im Parlament verurteilt. Zu den Abwesenden gehörten allerdings auch Julia Herr und Bablers Stellvertreterin Eva-Maria Holzleitner – auch dazu hatten die Interviewer im ORF keine Fragen. Vieles deutet darauf hin, dass die SPÖ corbynisiert. Von den heimischen Journalisten scheint das kaum jemanden zu interessieren.
Zuerst veröffentlicht auf MENA-WATCH.
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