Kanzler in spe
Martin („Martin, Martin“) Schulz zieht durch die deutschen Lande, um sein Programm vorzustellen. Dazu gehört, eine Pflicht auf Bundesinvestitionen gesetzlich zu verankern. Er will also zuviel Staat mit noch mehr Staat kurieren. Besser wär’s, private Investitionen zu erleichtern. Stattdessen soll der Staat als Verhinderer von Investitionen die verhinderten Investitionen überteuert selbst in die Hand nehmen – aber nur, wenn genug Geld da ist. Das ist so ähnlich, wie wenn der Arzt mir empfiehlt, mit dem Rauchen aufzuhören, sobald meine Gesundheit es zulässt.
Mutti der Schöpfung
Kanzlerin Merkel ist kaum weniger staatsgläubig, indes gehen ihre Ambitionen eine Etage höher. Inzwischen peilt sie sogar göttliche Sphären an – um die Heimat zu retten. Was sich anlässlich des angekündigten Ausstiegs der USA aus dem Pariser Klima-Abkommen so anhört: „ Allen, denen die Zukunft unseres Planeten wichtig ist, sage ich: Lassen Sie uns gemeinsam den Weg weitergehen, damit wir erfolgreich sind für unsere Mutter Erde. Wir brauchen dieses Pariser Abkommen, um unsere Schöpfung zu bewahren. Nichts kann und wird uns dabei aufhalten.“ Honecker selig gab einst zu Protokoll: „Den Sozialismus in seinem Lauf, halten weder Ochs noch Esel auf!“ Da war das Ende zum Greifen nah.
Mutti und Martin, Kurz und Kern
Gegensatzpaare wie die von Merkel und Schulz, die nur auf der Oberfläche Widersprüche erzeugen, sind Zeichen einer tiefen Ratlosigkeit der Zeit. Zu echten Polaritäten kommt es, wenn tiefgreifende Umbrüche Konturen annehmen und über mehrere Kanäle angesteuert werden. Deutschland ist demnach von einer produktiven Erneuerung im Sinne fruchtbarer Gegensätze leider immer noch weit entfernt. Österreich geht mit der Wahl zwischen Kern und Kurz einen halben Schritt weiter.
Werkstatt und Humanismus
In Zeiten großer Ratlosigkeit ziehen sich die produktiven Gegensätze in leicht zu übersehende Konstellationen zurück. Sie verbergen sich auf Ebenen, die scheinbar nicht zueinander passen: wie kürzlich in Bretten, einer harmlosen badischen Kleinstadt, wo ich beim Warten aufs reparierte Auto Stunden vermeintlich leerer Zeit herumzubringen hatte. Nicht weit von der Werkstatt stieß ich aufs dortige Melanchthon-Haus und betrat eine höchst inspirierende Welt, deren beeindruckender, dynamischer Humanismus das Warten aufs Auto zu einem Sinnbild des Stillstands der Gegenwart machte.
Beispiel echter Polarität
Einerseits Luther, der Volkstümliche: vitaler Brocken und aufstampfender Visionär, unmäßig essend, polternd, fluchend, schmähend, leidenschaftlich, oft übers Ziel hinausschießend. An seiner Seite Melanchthon: bedachtsam, hager und klein, sanfte Stimme, tolerante Grundhaltung, konziliantes Wesen, kluger Stratege. In solcher Polarität drückt sich die gestalterische Vielfalt aus, mit der Umbrüche und Sinnerneuerungen in die Zukunft arbeiten.
Humanismus und Marktplatz
Ein neuer Humanismus in der Tradition von Cicero, Erasmus von Rotterdam, Melanchthon und Herder wäre hoch willkommen, der lebendige Einsicht und klar gliedernde Vernunft menschlich maßvoll verbindet und friedenstiftenden Fortschritt verspricht. Stattdessen geht es bei uns zu wie auf dem Marktplatz. Um kleine Kaufsummen wird lauthals gestritten, während im Hintergrund staatliche Preistreiberei blüht. Wir verhandeln geduldig mit Putin, Erdogan und iranischen Mullahs, ohne zu sehen, wie teuer deren rasch wachsende Macht für uns wird. Dabei sind wir verliebt in ein Bild von uns, dessen Heiligenschein die Realität nicht annähernd auszuleuchten vermag. Selbstbezogene, im Letzten selbstsüchtige Ziele verstellen uns den Blick auf humanistische Werte.
Scheinbar nur gemütlich: …Knopf drücken und weg ist der „Kackhaufen“!
Das deutsche Volk, protestieren nicht mehr weil, sie haben es sich längst in diesem verlogenen Schauspiel gemütlich gemacht
wie ein Kackhaufen auf dem Boden einer Kloschüssel.