Von kühlen und anderen Rechnern
Die Familie Weiss lässt sich grob gesehen in zwei Typen charakterisieren: zum einen die leidenschaftlichen Künstler, getrieben von Bauchgefühlen und geschüttelt durch die Widrigkeiten des Alltags, zum anderen die kühlen Rechner, besonnen, bedacht, von der Vernunft beseelt.
Bis dato war der Kauf von Rechnern, begrifflich korrekter Computern, der Rechner Angelegenheit. Mit Heranwachsen des Junior Künstlers im Haus stieg jedoch stetig das Bedürfnis, die Weiss’sche Hardware weg von kleinweich hin zu fruchtig zu ändern.
Spacegrau wurde zur Farbe des Jahres 2017 erkoren, zwar nicht von Pantone, sondern meiner Wenigkeit, aber dadurch nicht weniger bedeutend für – naja sagen wir – mich selbst und den Sohn. Wie kaufen aber eineinhalb Künstler ohne jegliche Erfahrung diesbezüglich einen Rechner ohne kühlen Rechner zur Seite?
Das Fiasko
Ich habe das Vorhaben in die Hand genommen. Zuerst habe ich ein Fachgeschäft gesucht. Kaum meine Absichten vorgetragen, hatte ich ein durchaus Kaffee artiges Erlebnis. Man stelle sich folgende Situation vor:
Mit dem Bedürfnis, einen Kaffee im Pappbecher zu erstehen, betritt man eine Kaffeekette und kommt an die Reihe. Jetzt hat man die Wahl zwischen drei Größen, von denen man nicht abschätzen kann, wie groß sie sind. Man darf zwischen gefühlt 20 Arten von Kaffee wählen, von denen man aber keine Ahnung hat, was sie unterscheidet. Jetzt steht man aber in der Kette (daher wohl die Bezeichnung “ Kaffeekette“) und ist an der Reihe, wie man so schön sagt.
Ein Alltagsfiasko par excellence. Da wünscht Frau sich ins Atelier zurück.
Apropos zurück: Jetzt wird man im Apfelfachgeschäft Dinge gefragt, über die man nichts weiß, weil man ja kein Rechner sondern Künstler ist. Von Größen, die nichts mit Zentimetern zu schaffen haben, von Speicherplätzen, die nichts mit Räumen zu tun haben, und das alles in Einheiten, die völlig unbekannt sind und man nach der Matura doch so sehr gehofft hatte, nie mehr umwandeln und in Einheiten einteilen zu müssen.
Die Entscheidung
Was nun? Der fesche jugendliche Nerd, der mir zwecks Einschulung zugeteilt worden war, rät zu mehr Speicherplatz. Die Geschäftsinhaberin zu mehr Stärke. Klingt alles glaubwürdig. Aber würde ein kühler Rechner von allem das Beste nehmen? Sollte man nicht abwägen?
Nach zwei unsicheren Nächten voller Albträume, im Rahmen derer wieder und wieder die Mathematikmatura bestanden werden musste, fallen die Würfel: Touchscreen draußen und geballte Kraft und Größe drinnen.
Also Termin zur Datenübertragung vom alten greisen Rechner auf den schlanken Jungspund in Spacegrau vereinbart. Rein ins Auto, hin zum Fachmann, die Erwartung steigt ins Unermessliche. Das Cellophan wird zerschlitzt, die Schachtel geöffnet, das Gerät entnommen und ich werde aufgefordert den ON Knopf zu drücken.
Ich fühle mich jung, selbständig, gesund (an apple a day keeps the doctor away) bis sich die Gesichtszüge meines „personal nerds“ verdunkeln: Der Bildschirm flimmert und ich höre die Worte wie von weitem, wie aus einem Traum, gibt die Lehrerschaft die Mathematuraergebnisse bekannt?
„Fanny, es tut mir so leid, das Gerät ist defekt. Es liegt an der Hardware. Ich erkundige mich, wie schnell wir einen neuen bekommen.“
Alle haben glänzende Äpfel, nur der eine, der für mich reserviert war, der ist faulig.